Bildunterschrift v.l.n.r.: Argishti Vardanyan, Robert Lühker, Judith Herbe, Abdulrahman Sugayer, Reinhard Borgmeier, Mohamed Saifuzzaman und Soleiman Badri.
Reinhard Borgmeier, Sprecher des Paderborner Flüchtlingsrat, wurde im Rahmen der diesjährigen Jahreshauptversammlung deutlich: „Das Jahr 2024 hat die Bedingungen für Flüchtlinge dramatisch verschlechtert. Geplant waren ein Paradigmenwechsel und ein Neustart in der Asyl- und Migrationspolitik, der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ließ hoffen. Doch die Regierungszeit endete mit Abschiebungen und Asylrechtsverschärfungen, nur wenige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wurden Wirklichkeit.“
Im Koaltionsvertrag der Ampel hieß es noch: „Wir wollen einen Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik gestalten, der einem modernen Einwanderungsland gerecht wird. Dafür brauchen wir einen Paradigmenwechsel: Mit einer aktiven und ordnenden Politik wollen wir Migration vorausschauend und realistisch gestalten.“
So sei die Ampel als progressives Regierungsbündnis angetreten und brachte mit dem Chancenaufenthaltsrecht und einer erleichterten Einbürgerung ein paar Verbesserungen auf den Weg. Doch am (vorzeitigen) Ende ihrer Regierungszeit stehe eine bittere Bilanz zum Flüchtlingsschutz: Wichtige und fortschrittliche Pläne aus dem Koalitionsvertrag wie Familien- und Geschwisternachzug sowie die Abschaffung von Duldung light und Arbeitsverboten seien nicht umgesetzt worden. Stattdessen sei viel Zeit und Energie in Verschärfungen gesteckt worden – oft getrieben von den immer radikaler werdenden rechtsextremen Wortmeldungen.
„Seit Wahlkampfbeginn erleben wir eine beispiellose Hetze und Kampagne. Es geht nur noch um Abschiebung und Abschottung. NRW Integrationsministerin (Sic!) Josefine Paul verkündet stolz: Sieben Personen wurden nach Bulgarien abgeschoben; das sei zwar noch ein bisschen wenig, aber sie sei optimistisch, dass es bald mehr würde. Experten sind die gravierenden systemischen Mängel in Bulgarien bekannt. Eine Unterstützung gibt es für abgeschobene Flüchtlinge nicht: Kein Bett, kein Brot, keine Seife .
Als Flüchtlingsrat haben wir die Befürchtung, dass nach der Wahl ein strenges Abschieberegime einsetzen wird. Die Auswirkungen auf alle Migrant*innen sind schon jetzt verheerend. Der Flüchtlingsrat bleibt ein Bollwerk gegen Asylhetze und Abschiebehysterie“, so Borgmeier.
Die allgemeine Entwicklung gehe auch an Paderborn nicht spurlos vorüber. Der Fall des irakischen Ehepaares stehe dafür exemplarisch. Seit fast eineinhalb Jahren wird der Lebensunterhalt aus Steuergeldern finanziert, weil die Erteilung einer Arbeitserlaubnis verweigert wird. Noch immer gibt es kein Ergebnis – das ist skandalös
Der Flüchtlingsrat wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. Im September wird dazu eine große Veranstaltung geplant.
Die turnusmäßigen Vorstandswahlen gingen einmütig über die Bühne. Der Förderverein des Flüchtlingsrates wird weiterhin von Judith Herbe, Rechtsanwältin aus Paderborn, als Vorsitzende geleitet. Für den krankheitsbedingt ausscheidenden langjährigen Stellvertreter Karl-Heinz Mücher aus Delbrück wurde Argishti Vardanyan gewählt. Für die Finanzen ist weiterhin der ehemalige Gymnasiallehrer Robert Lühker verantwortlich. Den Vorstand ergänzen Abdulrahman Sughayer aus Paderborn, Mohamed Saifuzzaman und - neu im Vorstand – Soleiman Badri, beide ebenfalls aus Paderborn
Reinhard Borgmeier, Ratsherr aus Paderborn, wurde erneut als Sprecher des Flüchtlingsrates bestätigt. Die Kasse wird künftig auch weiter von Dr. Peter Witte (Borchen) und Sonja Raupach (Delbrück) geprüft.
Der Flüchtlingsrat engagiert sich seit 1995 für die Rechte von Flüchtlingen und wurde 2015 mit dem Integrationspreis der Stadt Paderborn ausgezeichnet.
Die Mittelmeer-Monologe erzählen von Menschen, die den riskanten Weg über das Mittelmeer auf sich nehmen, in der Hoffnung, in Europa in Sicherheit leben zu können – von libyschen Küstenwachen, italienischen Seenotrettungsstellen und deutschen Behörden, die dies verhindern und von Aktivist*innen, die dem Sterben auf dem Mittelmeer etwas entgegen setzen. Diese Aktivist*innen überzeugen als Ehrenamtliche beim Alarmphone die Küstenwachen davon, Menschen in Seenot zu retten oder lernen auf der Seawatch, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren – kurzum sie tun das eigentlich Selbstverständlichste, was aber im Jahr 2024 alles andere als selbstverständlich ist: menschliches Leben zu retten!
Es ist, als ob die Schauspieler*innen die Menschen im Publikum direkt ansprechen, ihnen die Hand reichen und sie reinziehen in eine Welt, die die Zuschauer*innen von nun an nicht mehr kalt lassen wird: verwickelt, verschlungen, verbunden und vernetzt mit den Protagonist*innen der Mittelmeer-Monologe folgt das Publikum gespannt den Wegen der erzählten Geschichten. Wenn die Schauspieler*innen flüstern, schweigen, behutsam ein Wort in den Raum werfen, dann und wann lauter werden, fordernd oder wütend die Stimme anheben, einmal sogar beinah schreien, dann dringen die Töne nicht abstrakt zu den Zuschauer*innen, dann wird das Publikum ganz direkt und in all ihrer Körperlichkeit von dem Gesagten getroffen und berührt. Wenn die Schauspielerin das Publikum anschaut, dann wird dieses in das Geschehen einbezogen, von dem es weiß und glaubt, dass es so in Wirklichkeit stattgefunden hat.
Der Flüchtlingsrat Paderborn und die Seebrücke Paderborn organisieren eine Veranstaltung zum Webinar von Brot für die Welt, Diakonie Deutschland, Europe Calling und United4Resque. Sie findet am Donnerstag 28.03.2024 um 18:30 Uhr im Forum Ferdinandstraße 17 statt. Bei dem Online Webinar dabei sind Pfarrerin Dr. Dagmar Pruin (Präsidentin von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe), Bischof Dr. Christian Stäblein (Flüchtlingsbischof der EKD), Till Rummenhohl (Geschäftsführer von SOS Humanity) sowie Veronica Groß-Unuane (Referentin für Flucht und Migration, Diakonie RWL). Titel des Webinars ist "Aufbrechen. Überleben. Ankommen. Unsere Verantwortung entlang der Fluchtrouten."
Gemeinsam wird über die Fragen diskutiert: Warum fliehen Menschen? Welche Folgen hat die Abschottung Europas für Schutzsuchende und Helfer*innen? Welche Verantwortung tragen wir in Deutschland? Und weshalb engagiert sich die Kirche für Schutzsuchende? Zur Beantwortung dieser Fragen bereisen wir im Webinar verschiedene Stationen virtuell: Niger, zentrale Drehscheibe für Migration in Afrika, das Mittelmeer und Deutschland. Durch Video- und Audio-Einspieler, unter anderem von Alarm Phone Sahara und einem United4Rescue-Bündnisschiff wird das Erzählte veranschaulicht.
Wer an dem Webinar teilnehmen möchte, kann sich über Webinar "Aufbrechen, Überleben, Ankommen. Unsere Verantwortung entlang der Fluchtrouten." | United4Rescue anmelden.
Im Forum Ferdinandstraße besteht die Möglichkeit gemeinsam Teil des Online Webinars zu werden. Anschließend werden Ideen gesammelt, wie in Paderborn die Anregungen aus dem Webinar umgesetzt werden können.
„Während im ganzen Land Millionen Menschen auf die Straße gehen, um gegen die rassistische und teilweise völkisch-faschistische AfD Farbe zu bekennen, setzt die Ampel stückchenweise um, wofür SPD, Grüne und FDP die AfD noch vor fünf Jahren scharf kritisiert haben: die Kriminalisierung der Seenotrettung, ein europäisches Asylsystem mit Lagern an den Außengrenzen, Abschiebungen in den Irak und in den Iran“, mit diesen Sätzen leitete Reinhard Borgmeier, Sprecher des Paderborner Flüchtlingsrat seinen politischen Bericht für die Jahreshauptversammlung ein.
Mit dem sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz“ – dieser euphemistische Begriff sei nicht weit von „Remigration“ entfernt - seien weitere massive Rechtseinschränkungen und Repressalien verbunden, durch die die tatsächlichen Probleme wie ein Mangel an Unterkünften, Kitaplätzen und finanzieller Unterstützung der Kommunen nicht gelöst werden.
Der Republikanische Anwältinnenverein (RAV) kritisiere, die massiv ausgeweitete Haft von Schutzsuchenden (auf 28 Tage), unzureichende anwaltliche Vertretung im Freiheitsentziehungsverfahren, verfassungsrechtlich bedenkliche Wohnungsdurchsuchungen, verstärkte Geheimhaltungspflichten bei Abschiebungen sowie strafrechtliche Sanktionierung bei falschen Angaben im Asylverfahren.
„Der neueste Knaller in der Politik gegen Schutzsuchende kommt allerdings von den Bundesländern. Auch NRW will jetzt eine „Bezahlkarte“ für Geflüchtete einführen.
Zuständig ist die grüne Ministerin Josefine Paul, die allen Ernstes behauptet, damit Bürokratie abbauen und es den Menschen leichter machen zu wollen. So ganz traut sie sich selbst nicht, denn jetzt sollen die Kommunen selber entscheiden. Ich bin da eher bei Pro Asyl, die gesagt haben, das sei ein Diskriminierungsinstrument. Nebenbei ist es auch ein Bürokratiemonster, von dem außer der Telematikindustrie wirklich niemand etwas hat. Schon gibt es Vorschläge, etwa vom marktradikalen Ökonomen Bernd Raffelhüschen, dieses Instrument auch auf Bürgergeldempfänger*innen auszuweiten. Gerade Menschen mit wenig Geld sind auf günstige Einkaufsmöglichkeiten angewiesen. Ich kenne aber keine Tafel, keinen Flohmarkt, keine Klassenlehrerin und kein Sozialkaufhaus, die mit Kartenlesegeräten arbeiten“, kritisiert Borgmeier die Karte.
Die gesellschaftliche Stimmung wirkt auch auf der lokalen Ebene. Seit Oktober kann wieder in den Irak abgeschoben werden. Wir haben erlebt, mit welcher Energie die örtlichen Behörden diese Option aufgegriffen haben und abschieben wollen. Humanitäre Aspekte spielen keine Rolle mehr. Die verschärfte Rechtslage wird von der Ausländerbehörde bis zur Schmerzgrenze angewendet.
Im Herbst will der Flüchtlingsrat zum „Tag des Flüchtlings“ wieder die Mittelmeer-Monologe auf die Bühne zu bringen.
Der Flüchtlingsrat engagiert sich seit 1995 für die Rechte von Flüchtlingen und wurde 2015 mit dem Integrationspreis der Stadt Paderborn ausgezeichnet.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Borgmeier
Bildunterschrift v.l.n.r.: Robert Lühker, Argishti Vardanyan, Reinhard Borgmeier, Abdulrahman Sugayer, Karl-Heinz Mücher, Judith Herbe; es fehlt Mohamed Saifuzzaman
Zum ersten Mal seit der Pandemie fand die Jahreshauptversammlung des Flüchtlingsrats in diesem Jahr wieder im normalen Turnus statt. Reinhard Borgmeier, Sprecher des Flüchtlingsrats, zog eine flüchtlingspolitische Bilanz des Jahres 2022: "Das Chancen-Aufenthaltsrecht schafft zwar Verbesserungen, aber selbst die Bundesregierung schätzt, dass von 98.000 Geduldeten am Ende nur 33.000 profitieren würden. Jetzt muss der Koalitionsvertrag umgesetzt und das „Migrationspaket II“ auf den Weg gebracht hat werden. Ausländerbehörden müssen zu ‚Willkommensbehörden‘ umgebaut und Anspruchsberechtigte müssen aktiv auf ihre Rechte hingewiesen werden.“ Borgmeier kritisierte die Abschiebepolitik in NRW. Auch unter der grünen Flüchtlingsministerin Josefine Paul werde der Kurs der alten Landesregierung fortgesetzt. Im Jahr 2022 wurde die ‚Rekordzahl‘ von 3.118 Abschiebungen durchgeführt. Verbessert werden müsse das Aufnahmeprogramm aus Afghanistan und der Familiennachzug. Die unbürokratischen Regelungen bei den ukrainischen Kriegsflüchtlingen könne hier die Vorlage für verbesserte Standards sein. „Gleiche Menschen müssen auch gleiche Rechte haben“, so Borgmeier. Der Flüchtlingsrat rief zu Spenden für die Erdbebenopfer auf und kritisierte die fehlende Unterstützung vor allem in Syrien. „Die Opfer der Katastrophe dürfen nicht zum zweiten Mal Opfer des politischen Gezerres werden“. Die turnusmäßigen Vorstandswahlen gingen einmütig über die Bühne. Der Förderverein des Flüchtlingsrates wird weiterhin von Judith Herbe, Rechtsanwältin aus Paderborn, als Vorsitzende geleitet. Unterstützt wird sie von Karl-Heinz Mücher aus Delbrück, als Stellvertreter. Für die Finanzen ist weiterhin der ehemalige Gymnasiallehrer Robert Lühker verantwortlich. Den Vorstand ergänzen Abdulrahman Sughayer aus Paderborn und - neu im Vorstand – Argishti Vardanyan sowie Mohamed Saifuzzaman, beide ebenfalls aus Paderborn. Reinhard Borgmeier, Ratsherr aus Paderborn, wurde erneut als Sprecher des Flüchtlingsrates bestätigt. Die Kasse wird künftig auch weiter von Dr. Peter Witte (Borchen) und Sonja Raupach (Delbrück) geprüft. Der Flüchtlingsrat engagiert sich seit 1995 für die Rechte von Flüchtlingen und wurde 2015 mit dem Integrationspreis der Stadt Paderborn ausgezeichnet.